Extrem weit weg… und unglaublich nah?! – Programmbausteine zur Jahreslosung 2014

2013-11-06_banner_jahreslosWenn man jemanden mag, ist man gerne in seiner Nähe – und je mehr man sich mag, umso näher kommt man sich meistens. Gute Freunde und die meisten Pärchen sind oft „unzertrennlich“. Der Mensch ist offensichtlich auf Nähe angelegt. Wie viel Nähe wünschen wir uns, wie viel tut uns gut? Und ist auch etwas Abstand manchmal hilfreich? Und wie sieht das eigentlich mit unserer Nähe zu Gott aus – und seiner Nähe zu uns? Fragen, zu denen die neue Jahreslosung für 2014 einlädt.

Gott nahe zu sein ist mein Glück.
Psalm 73,28 (Einheitsübersetzung)

Spiel zum Einstieg: Ganz nah dran!

Ein Spiel, bei dem es darum geht, möglichst „nah dran“ zu kommen: kennt ihr Cross-Boule? Eine Weiterentwicklung des guten, alten Boccia-Spiels: allerdings nicht mit Metall- oder Plastikkugeln, sondern mit gefüllten Stoffsäckchen/-bällen, ähnlich wie Hackysacks. Der Vorteil ist, man kann es in jedem Gelände spielen, auch am Hang oder auf Stufen – die Kugeln rollen nicht weg.

Infos dazu gibt es unter www.crossboule.com, das Spiel bekommt ihr in guten Spielgeschäften oder im Internet ab ca. 15,- Euro aufwärts – die Anschaffung lohnt sich sowieso mal für jede Jugendgruppe!

Wie beim Boccia geht es darum, die eigenen „Kugeln“ möglichst nah an das zuvor platzierte „Schweinchen“ zu rollen oder werfen. Alternativ könnt ihr natürlich auch mit einem herkömmlichen Boule- oder Bocciaspiel locker ins Thema einsteigen.

Übungen und Experimente zu Nähe und Distanz

Stopp!
Die Mädchen stellen sich in zwei Reihen gegenüber, jede hat eine „Partnerin“, also ein festes Gegenüber, dazwischen liegen einige Meter Strecke. Auf ein Signal hin gehen sie aufeinander zu, nicht ganz so forsch. Die Aufgabe besteht darin, im richtigen Augenblick stehen zu bleiben: nämlich dann, wenn mir der Abstand zwischen mir und meinem Gegenüber angenehm ist. Das kann bei den beiden Partnerinnen unterschiedlich sein.
Kurzer Austausch: ist die eine stehen geblieben, als sie merkte, dass es der anderen nah genug ist? Wäre ich gerne noch weitergegangen? Wäre ich doch lieber früher stehengeblieben?
Was sind eindeutige Signale, dass ich nicht mehr Nähe möchte – ohne dass miteinander gesprochen wird? Diese Übung braucht zwei oder drei Durchgänge, wobei ein Wechsel der Partnerinnen es interessanter macht.

Ganz schön nah…
Diesmal stehen sich die Paare wesentlich näher gegenüber, mit einem Abstand von etwa einem Meter. Nun schließen alle die Augen. Auf ein Signal hin verändern sie – mit geschlossenen Augen – den Abstand zu ihrem Gegenüber in ganz kleinen Bewegungen, indem sie sich z.B. einige Zentimeter vorwärts bewegen (oder eben auch zurück). Man kann z.B. auch an einem Punkt stehenbleiben, aber eine Hand nach jemandem ausstrecken, oder sich einfach ein bisschen vor- oder zurücklehnen. Lasst den Mädchen so lange Zeit, bis sie eine Position gefunden haben, in der sie sich (mit geschlossenen Augen) wohl fühlen. Dann öffnen alle gleichzeitig – ohne ihre Haltung zu ändern – die Augen und schauen, ob die Nähe oder der Abstand dem entspricht, wie es sich mit geschlossenen Augen angefühlt hat. Anschließend kurzer Austausch.

Fazit:
Nähe und Distanz werden von jedem Menschen unterschiedlich empfunden: manche mögen es „kuschelig“, andere brauchen eher ihr eigenes „Revier“ um sich herum, in das nicht jeder hereinplatzen darf.
Wir haben das gerade auf kleinstem Raum ausprobiert, aber das gilt genauso im übertragenen Sinn für unsere Beziehungen und wie wir z.B. Freundschaften leben und gestalten: so kann es z.B. sein, dass deine beste Freundin genervt ist, wenn du sie fünfmal am Tag anrufst, weil sie einfach auch Raum für sich braucht, um die Zeit mit dir dann wieder genießen zu können. Oder eine andere Freundin ist enttäuscht, wenn du nicht alles immer mit ihr zusammen machst, weil sie daraus den Schluss zieht, dass du sie nicht magst.
Jede Beziehung lebt davon, dass die Balance von Nähe und Distanz für beide Beteiligten stimmt.

„Näher, näher zu dir…

Bei aller Unterschiedlichkeit ist es dennoch so, dass der Mensch ein Beziehungswesen ist und in irgendeiner Form Nähe braucht: eine Form von Strafe im Gefängnis ist die Einzelhaft, und es tut keinem Menschen gut, über längere Zeit völlig isoliert zu sein. „No man is an island“ (kein Mensch ist eine Insel), sagt ein altes Sprichwort, und noch älter ist die Weisheit der Bibel, wenn sie sagt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine ist“ (1. Mose 2,18).

Die neue Jahreslosung für 2014 spricht genau davon, dass ein Mensch sich Nähe wünscht, und zwar Nähe zu Gott: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ (Ps. 73,28)
Für manche vielleicht ein ungewohnter Gedanke – hast du schon mal gedacht: „Gott, ich vermisse dich!“? Viele Menschen kämen wahrscheinlich gar nicht auf den Gedanken, dass Gott ihnen fehlen könnte und dass sie ihm gern näher wären.

Vielleicht ist es so wie bei unseren menschlichen Beziehungen: erst, wenn wir jemanden kennen gelernt haben und ihn mögen, merken wir, dass wir uns Nähe wünschen und dass er oder sie uns fehlt, wenn er nicht da ist.

„Nah-o-meter“
Wenn es für eure Mädchen/eure Gruppe passt, könnt ihr mal eine eigene Standortbestimmung ausprobieren: malt auf Papier oder Karton eine Zielscheibe. In die Mitte könnt ihr z.B. ein Kreuz malen oder legen. Nun können die Mädchen überlegen, wie nah sie ihre Beziehung zu Gott im Moment einschätzen würden. Wer mag (!), kann sich auf dem Blatt positionieren mit einem Symbol oder einem Gegenstand – es ist wichtig, dass niemand sich verpflichtet fühlt! Das ist schon ein sehr persönliches Statement. Je nach eurer Einschätzung kann es auch besser sein, wenn die Mädchen sich ihren Standort nur denken. Die Gruppe kommentiert das auch nicht, aber wer mag, kann etwas zu seiner eigenen Positionierung sagen.

Eingebauter „Magnet“…
Das Interessante ist, dass jeder Mensch – egal, ob er das so von sich sagen würde oder nicht – in seinem Innersten eine Sehnsucht nach Gott hat, so etwas wie einen eingebauten Magneten, der uns in die Nähe Gottes zieht. Vor vielen hundert Jahren hat Augustinus das so ausgedrückt: „Unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir“.
Es ist, als hätten wir eine Lücke in unserem Herzen, die nur Gott ausfüllen kann, und irgendwie merken wir, dass da diese Lücke ist und versuchen sie vielleicht mit allem möglichen zu füllen, aber es wird immer etwas fehlen, solange nicht Gott diesen leeren Platz ausfüllt. Wie bei einem Puzzle, wo nur ein ganz bestimmtes Teil hineinpasst.

Das hat wohl auch der Mensch gemeint, von dem der Psalm mit unserer Jahreslosung stammt: „Gott nahe zu sein ist mein Glück“. Und Glück meint hier nicht das Gegenteil von Pech, sondern: das, was mich zutiefst glücklich macht, was mir gut tut, was meine Sehsucht stillt und das Loch in meinem Herzen ausfüllt.

„Nahe sein“ – wie geht denn das???
Sammelt Ideen, wie das gehen kann: Gott nahe sein, seine Nähe suchen. Vielleicht fallen euch auch Dinge ein, wenn ihr an eine zwischenmenschliche Beziehung denkt – was würde man tun, um sie zu pflegen und zu intensivieren? Und wie könnten wir das auf unsere Beziehung zu Gott übertragen? Das könnte z.B. sein:

  • Zeit mit jemandem verbringen, „Termine“ mit Gott im Kalender oder im Handy einragen, damit er nicht immer „hinten runter fällt“ bzw. zu kurz kommt
  • Den anderen fragen, was er heute gerne mal zusammen unternehmen würde…
  • Nicht nur selber reden, auch mal zuhören, was dem anderen wichtig ist
  • Dem anderen einfach mal ein kleines Geschenk machen
  • Zeit mit den Freunden des anderen verbringen  z.B. im CVJM, im Gottesdienst…
  • Rausfinden, was dem anderen wichtig ist  z.B. in der Bibel lesen, mich mit anderen Christen austauschen…
  • Dem anderen eine Karte schreiben oder ein Gedicht oder ein Lied oder eine SMS
  • Sich nicht verstellen, ehrlich sein
  • Sich kleine „Reminder“ schaffen: auf dem Schreibtisch, im Portemonnaie…
  • Dem anderen mal sagen, wie man zu ihm steht oder dass man ihn vermisst

Gottes Nähe
Das Gute ist, dass der Abstand zwischen Gott und mir nicht nur von mir abhängt – denn, ehrlich gesagt, manchmal fällt es uns Menschen nicht so leicht, seine Nähe zu suchen. Da ist die Übersetzung der „Bibel in gerechter Sprache“ ganz hilfreich, denn dort heißt die Jahreslosung: „Was aber mich betrifft: Gottes Nähe ist gut für mich.“ – Gottes Nähe: also nicht nur meine Nähe zu ihm, sondern vor allem seine Nähe zu mir!

Wie großartig: Gott sucht die Nähe zu uns!
Nicht, weil er ein „Kuschel-Gott“ wäre, sondern weil er den Menschen von Anfang an als sein Gegenüber geschaffen hat, weil diese Sehnsucht, die wir manchmal in uns spüren, seine eigene Sehnsucht nach Beziehung ist, die er uns ins Herz gepflanzt hat. Und so groß und mächtig und un-nahbar Gott auch auf der einen Seite ist – seine große Sehnsucht sind die Menschen, und die ganze Bibel ist eine einzige Geschichte davon, wie er sich immer wieder und immer mehr in unsere Nähe begibt.
Gottes Nähe ist mein Glück – und seins auch. Unglaublich.

Lieder:

  • Näher, mein Gott, zu dir  (Feiert Jesus 4, Nr. 8)
  • Draw me close to you / Zieh mich hin zu dir  (Feiert Jesus 3, Nr. 142)
  • In deiner Gegenwart  (So groß ist der Herr, Nr.93)
  • Gott ist gegenwärtig  (Feiert Jesus 2, Nr. 9)
  • Jesus, berühre mich  (Feiert Jesus 2, Nr. 172)

Quelle: Kon 4/2013
zu beziehen beim CVJM-Westbund

Tanya Worth
CVJM-Bundessekretärin für Mädchenarbeit.
Ist manchmal ganz überrascht, wenn die Jahreslosung mitten im Sommer noch mal auftaucht und sie noch mal aufs Neue beschäftigt…